Stadtkind oder Landei? Das ist nur eine der vielen neuen Fragen, die wir uns in Bezug auf Laila stellen.
Unser Pflege-Wauzi hat da nämlich jemanden getroffen, bei dem wir noch nicht wissen, ob es was Ernstes wird. Könnte es einen neuen Labi in ihrem Leben geben? Falls ja, wird der 10. Februar zukünftig im Kalender als Kennenlerntag eingekringelt. Und das kam so:
Am letzten Sonntag besagten Datums packten “wir” das Husky-Mädchen mittags in unseren Kleinstwagen und fuhren zur Hundewiese unserer ehemaligen Hunde-Tagesbetreuung. Ich war leider nicht persönlich mit dabei, deshalb das Gänsefüßchen-Wir. Man mag mir glauben, dass zumindest mein Ätherleib den Ausflug begleitete, denn ich dachte an nichts anderes, und außerdem haben andere Augen und Ohren ihre Sinneseindrücke an mich weitergegeben.
Auf der Wiese trafen wir einen gewissen Noah und seinen menschlichen Begleiter Stefan, um die Sympathiewerte der drei zu ermitteln. Noah ist ein in den besten Jahren stehender, weltgewandter Stadthund. Die wilden Flegeljahre, in denen unser Mazel steckt, liegen weit zurück. Rowdytum wich einer durchgeistigteren Lebenshaltung.
Schau mal an, es geht auch anders mit der Damenwelt. Wo Mazel balgt, niederringt und mit seiner Freundin Laila wechselseitig Flaschendrehen spielt, lässt Noah lieber Charme funkeln. Und jugendliche Spannkraft. Wir wissen noch nicht, ob er damit das Herz unserer Schönen betört.
Die entscheidenden ersten Minuten der Begegnung liefen zufriedenstellend. Keine spontane Abneigung, dafür Neugier und Interesse. Noah (11) registrierte wohl gleich Lailas junges Alter (2).
“Baby, ich könnte dein (?)-Vater sein! Aber was soll’s. Lass uns spielen!”
Und Laila versuchte, den Burschen einzuordnen und dabei nicht zuviel ihrerselbst preiszugeben. Wenn man so jung ist, zählt jedes Quentchen Würde und es ist unerträglich, nicht ernst genommen und wie ein Kleinkind behandelt zu werden.
“Yo, Alter. Was geht?”
Noah fragte sich besorgt, ob das Mädchen ihn womöglich für einen rheumatischen alten Knacker hielt. Zur Widerlegung dieser These setzte er schnell über einen niedrigen Zaun, hinter dem sich ein Sandplatz befand. Seine körperliche Verfassung und vollständige Abwesenheit von Alterszipperlein damit eindeutig bewiesen warf er einen kontemplativen Blick auf die Hündin. War die Botschaft angekommen?
Das mysteriöse Wesen hatte zwar kurz geschaut, widmete sich nun aber lieber und mit enervierendem Interesse einer unsichtbaren Fährte, die vom Sandplatz wegführte. Übersetzte er die Körpersprache richtig? Bedeutete sie ihm gerade:
“Ich habe schon höhere Sprünge gesehen.”?
Noah legte seine gesamte Spannkraft in Szene und lief lebhaft hinter dem Zaun herum.
“Nun komm schon rüber. Hier ist es echt interessant. He, vielleicht finde ich ja ein Mäuschen. Komm, Mäuschen. Komm.”
Laila trug ihrer Würde noch ein wenig Rechnung und schaute immer nur mal kurz rüber. Betont langsam und mit einer Spur Langeweile im Schritt tänzelte sie schließlich wieder zu besagtem Zaun zurück und warf einen Blick rüber. Davon angespornt signalisierte Noah:
“Na los! Mach HOPP!”
Aber Laila ist ja ein Husky. Diese Rasse nimmt keine Befehle entgegen, sondern möchte überzeugt werden. Also machte sie nicht HOPP, sondern besah sich den Sandplatz erstmal von außen. Mit einem fast unmerklichen Schulterzucken fasste sie dann ihren Entschluss. Sie wandte sich zur Seite, lief das kurze Stück um den Zaun herum und betrat den Sandplatz durch den zaunlosen Eingang. Dumm ist sie nicht.
Die Menschen amüsierten sich. Beim Rüden weiß man es nicht so genau. Möglicherweise fühlte er sich in seiner männlichen Souveränität einen Tick untergraben, denn nun warf er im Sand ein Loch auf, das sich wirklich sehen lassen konnte.
“Schau mal, was für ein tolles Loch ich graben kann.”
Laila darauf:
Ich habe schon größere Löcher gesehen.”
Na da haben sich aber zwei gefunden. Dem Noah blüht ein blaues Wunder. Und Laila, unser sanfter, manchmal übermütiger, manchmal raffinierter Schalk, wird sich beim einwöchigen Großstadt-Versuch wohl doch bei all dem auf sie einströmenden Neuen nach dem Beispiel des lebensklugen Älteren richten.
Ich habe gelesen, ihr wurde schon ein Kuschelbettchen bereitet. Bin gespannt, ob sie nicht lieber Noahs nimmt. Mazel musste seins teilen lernen – siehe jung, weiblich-ledig-sucht.
Ach, wir werden sie alle vermissen. Ben, der kleine Chef, und vor allem Mazel, der dann im winterlichen Garten nichts mehr mit sich anzufangen weiß. Alles schon einmal durchgemacht und durchgelitten. Ob sie diesmal auch wiederkommt, unser Husky-Mädchen?
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